Heimische vs. neue Baumarten: So pflanzen wir zukunftsfähige Wälder

Bei Sonnenschein laufen zwei Menschen durch einen Wald.
Das ForTomorrow-Team auf dem Weg durch den Wald zur Aufforstung in Leubsdorf.Bild: ForTomorrow.

Beim Aufforsten in Zeiten des Klimawandels stehen wir vor einer schwierigen Frage: Sollen wir auf bewährte, heimische Baumarten setzen – oder auf neue, klimaresiliente Arten, die besser mit Hitze und Trockenheit umgehen können? Beides hat gute Gründe – und beeinflusst, wie unsere Wälder sich in Zukunft entwickeln.

Heimische Baumarten: Basis für gesunde und biodiverse Wälder

Fichte, Buche und Kiefer haben in Deutschland viele Vorteile. Als heimische Baumarten sind sie an Boden, Klima und Nachbarschaft gewöhnt. Und auch andere Waldbewohner sind von ihnen abhängig, wie etwa ein Drittel der 33.000 deutschen Insektenarten. Wenn eine heimische Baumart zurückgedrängt oder ersetzt wird, verlieren die darauf spezialisierten Insekten, Pilze, Vögel und andere Arten ihren Lebensraum. Das löst eine Negativspirale aus, die die Biodiversität stark beeinträchtigen kann.

Studien zeigen, dass heimische Bäume viel anpassungsfähiger sind, als oft gedacht. Junge Buchen zum Beispiel konnten in den Jahren von großem Trockenstress, zwischen 2018 bis 2020, ihr Wachstum beibehalten, indem sie sich auf Änderungen eingestellt haben – durch Anpassungen wie kleinere Blätter oder dichtere Blattoberflächen. Auch die genetische Vielfalt innerhalb einer Art ist wichtig. Pflanzen derselben Art, die aus verschiedenen Regionen stammen, können etwa sehr unterschiedlich auf Trockenheit reagieren.

Heimische Bäume haben sich über lange Zeit an ihre Umgebung angepasst. Sie arbeiten in Mykorrhizabeziehungen eng mit Bodenpilzen zusammen. Außerdem fördern sie Bodenmikroben, Bodenfauna – also winzige Lebewesen wie Bakterien, Würmer oder Insektenlarven – und die Zersetzung von Blattstreu, das Nährstoffe liefert. Dieses Zusammenspiel müssen neue Baumarten oft erst aufbauen.

Ein Pilz mit braunem Hut wächst auf dem Waldboden zwischen Laub und Grashalmen.
Heimische Bäume schaffen Lebensraum für Pilze und andere Waldbewohner, die in ihrem Netzwerk den Wald gesund halten.Bild: Gizem Gokce.

Klimawandel im Wald: Grenzen heimischer Baumarten

Wir haben nun einige bedeutsame Vorteile kennengelernt, aber auch in ihrer Heimat gibt es für die Arten einige Risiken. Klimamodell‑Projektionen und Beobachtungen zeigen, dass sich das momentane Klima in einigen Regionen Deutschlands rasch verändert. Hitzeperioden und langanhaltende Trockenphasen werden häufiger. Einige heimische Baumarten geraten dadurch an die Grenzen ihrer Toleranz, was ihr langfristiges Wachstum und Überleben gefährdet.

Bei unseren Aufforstungen benötigen wir Baumarten, die bestimmte Anforderungen erfüllen: schnell Biomasse aufbauen, resistent gegen neue Schädlinge sein oder Trockenperioden gut überstehen. Viele heimische Arten erfüllen diese Eigenschaften nur begrenzt oder erst nach längeren Wachstumszeiten.

Ein trockener Wald von oben.
Trockenperioden setzen unseren Wäldern zu.Bild: Tom Fisk.

Aufforstung anpassen: Wann neue Baumarten sinnvoll sind

In Anbauversuchen und Forschungsprojekten wird intensiv geprüft, ob und wie nicht‑heimische Baumarten zur Anpassung der Wälder an den Klimawandel beitragen können. Das Projekt ALPTREES beispielsweise untersucht seit 2019 die Risiken und Potentiale nicht heimischer Baumarten im Alpenraum. Und eine aktuelle Untersuchung über Wachstum und Mortalität nicht‑heimischer Arten in Mitteleuropa (2017‑2022, zehn Jahre nach Pflanzung) zeigt, dass einige dieser Arten auf bestimmten Standorten durchaus gute Überlebensraten und Wachstum aufweisen. 

Die Mischung macht’s und ermöglicht sinnvolle Kompromisse: Durch die Kombination von heimischen und nicht-heimischen Baumarten können Vorteile hinsichtlich Trockenheits‑ oder Hitzeresistenz erzielt werden, ohne die Biodiversität zu stark zu gefährden. Natürlich alles unter der Voraussetzung, dass die Baumarten und das Mischverhältnis sorgfältig ausgewählt und kontrolliert wird.

Nicht-heimische Bäume: Chancen vs. Risiken

Wir haben es eingangs schon erwähnt: Heimische Insekten und Bodenorganismen sind auf ihre regionalen Gehölze angepasst und angewiesen. Im Umkehrschluss heißt das, wenn ganze Flächen nur mit fremden Baumarten bepflanzt werden, leidet darunter oft die Artenvielfalt – heimische Insekten beispielsweise finden dort schlicht nichts mehr zu fressen. Außerdem besteht das Risiko, dass diese Arten invasiv werden oder sich unkontrolliert ausbreiten. Insbesondere, wenn sie kaum natürliche Konkurrenten oder Fressfeinde haben. Die Robinie aus Nordamerika ist ein Beispiel dafür: Vor 400 Jahren nach Europa gebracht, wurde sie in der Schweiz unter anderem zur Bodenbefestigung eingesetzt. Heute gilt sie als invasive Baumart, da sie kaum natürliche Konkurrenten oder Fressfeinde hat.

Die Performance nicht-heimischer Arten – also wie gut sie an einem Standort wachsen, gesund bleiben und sich anpassen können – ist stark standortabhängig. Bodeneigenschaften, Bodenfeuchtigkeit, Höhenlage etc. können so unterschiedlich sein, dass eine Art an einem Ort gut wächst, an einem anderen aber stark leidet. Die Langzeit‑Datenlage ist oft lückenhaft – viele Versuchsanpflanzungen laufen bislang nur über wenige Jahre.

Nahaufnahme des künftigen Waldbodens, in dem mit einer Schaufel Pflanzlöcher für neue Setzlinge vorbereitet werden.
Bodenbeschaffenheit, Feuchtigkeit und Lichtverhältnisse entscheiden, welche Baumarten hier gute Wachstumsbedingungen finden.Bild: ForTomorrow.

Mischwälder pflanzen: Heimische und klimaresiliente Bäume kombinieren

Das Klima verändert sich, und damit auch der Lebensraum der hier wachsenden Bäume. Darum gewinnt bei der Aufforstung eine adaptive Baumartenwahl immer mehr an Bedeutung. Heimische Baumarten bilden dabei weiterhin das stabile Grundgerüst, ergänzt um klimaresiliente Arten – sofern das aus ökologischer und standörtlicher Sicht sinnvoll ist. Mischwälder, die verschiedene Baumarten mit unterschiedlichen Eigenschaften vereinen, sind nachweislich widerstandsfähiger gegen Extremwetter, Schädlinge und Krankheiten als Monokulturen. Sie bieten zudem eine höhere Biodiversität und sichern wichtige Ökosystemleistungen wie Kohlenstoffbindung, Wasserrückhalt und Bodenschutz.

Darüber hinaus spielt die genetische Vielfalt innerhalb heimischer Arten eine zentrale Rolle. Beispielsweise werden gezielt trockenresistente Herkünfte ausgewählt, die besser an neue klimatische Bedingungen angepasst sind. So lässt sich die Resilienz der Wälder erhöhen, ohne auf gebietsfremde Arten zurückgreifen zu müssen.

Eine fundierte Standortanalyse ist dabei das A und O. Bodenbeschaffenheit, Wasserverfügbarkeit und weitere Standortfaktoren bestimmen, welche Baumarten und Mischungen sich langfristig etablieren können. Hier hilft die Betrachtung der potenziell natürlichen Vegetation, die allerdings angesichts des Klimawandels dynamisch interpretiert werden muss. Wissenschaftliche Modellierungen zeigen, wie sich geeignete Baumarten in den kommenden Jahrzehnten verändern könnten – und liefern wichtige Anhaltspunkte für eine zukunftsfähige Waldentwicklung.

Insgesamt ist der pragmatische Ansatz also kein Entweder-Oder, sondern eine ausgewogene Kombination aus heimischen und gezielt ausgewählten klimaresilienten Arten – mit dem Ziel, funktionale, stabile und naturnahe Wälder für die Zukunft zu schaffen.

Weitere Details findest du im Themendossier der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR).

Nachhaltige Aufforstung in Deutschland: Unser Konzept bei ForTomorrow

Für eine erfolgreiche Aufforstung ist die Wahl der richtigen, standortgerechten Baumarten von entscheidender Bedeutung. Bisher pflanzen wir Mischwälder bestehend aus heimischen Baumarten, die an das lokale Klima angepasst sind. Das möchten wir so auch beibehalten. Das Klima sowie die Böden verändert sich. Um eine langlebige und erfolgreiche Aufforstung zu gewährleisten, könnten zukünftig auch klimaresiliente Arten aus anderen Regionen die nachhaltigere Wahl sein.

Auf einer unserer Flächen – einem ehemaligen Tagebaugelände bei Leipzig – haben wir bereits Erfahrung mit besonders schwierigen Bodenbedingungen gesammelt. Der Boden dort ist extrem trocken, teilweise stark versauert und die Bodenfunktionen sind nicht mehr vollständig intakt. Zu Beginn stand im Raum, ob auf dieser Fläche überhaupt ein rein heimischer Wald entstehen kann. Es stand zur Debatte, ob gegebenenfalls eine nicht-heimische Baumart für den hier entstehenden Mischwald ergänz werden soll. Heute wissen wir: Selbst ein Mischwald aus rein heimischen Arten kann unter solchen Bedingungen wachsen, wenn Planung und Pflege stimmen. Dieses Beispiel zeigt jedoch, dass wir bei zunehmender Klimaveränderung immer wieder prüfen müssen, ob in Ausnahmefällen auch nicht-heimische, klimaresiliente Arten sinnvoll sind. So können stabile Waldflächen entstehen.

Wirf gerne einen Blick auf unseren Pflanzkodex. Dort erklären wir dir unsere Regeln beim Aufforsten.

Nahaufnahme von trockenem Boden auf einer Aufforstungsfläche in Peres, auf dem neue Baumsetzlinge wachsen.
Trockener Boden auf unserer Peres-Fläche: Selbst unter schwierigen Bedingungen können sorgfältig ausgewählte Baumarten gedeihen.Bild: ForTomorrow.