Können Straßenbäumen den CO2-Ausstoß des Straßenverkehrs ausgleichen?
Diese Anfrage haben wir kürzlich erhalten: “Wie viel Bäume müsste man links und rechts aller Straßen pflanzen, damit alle Abgase gebunden werden? In der Stadt könnte jeder Hausbesitzer, zum Beispiel, vor seinem Haus mindestens ein Baum pflanzen.”
Autoabgase sind natürlich nicht nur schädlich fürs Klima. Sie enthalten Feinstaub und flüchtige organischen Verbindungen, die bei Einatmung tief in die Lunge eindringen und verschiedene Atemwegserkrankungen verursachen sowie das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen. Diese Probleme können wir nicht über das Pflanzen von Bäumen kompensieren. Aber in diesem Beitrag fokussieren wir uns nur auf das Klima.
Unsere Überlegungen ergeben: Selbst wenn alle Straßen in Deutschland vollständig mit Bäumen bepflanzt wären, würden diese leider nicht ausreichen, um die gesamten CO2-Emissionen zu absorbieren, die der Verkehr in Deutschland aktuell verursacht.

Hier ist unsere Rückwärtsrechnung
Die jüngst veröffentlichte Schätzung des Bundesumweltministeriums zu den gesamten jährlichen CO2-Emissionen des Straßenverkehrs in Deutschland beträgt 148,5 Millionen Tonnen.
Wie in diesem Artikel erläutert, schätzt ForTomorrow, dass über alle Baumarten hinweg, ein Baum durchschnittlich jährlich 25 kg CO2 speichert. Wenn wir 148,5 Millionen Tonnen durch 25 kg teilen, kommen wir auf etwa 6 Milliarden Bäume, die nötig wären, um die CO2-Emissionen des deutschen Verkehrs in einem Jahr zu absorbieren. Dies ist nur eine grobe Schätzung. Die tatsächliche Absorptionsleistung eines Baumes schwankt im Laufe seines Lebens. Eine genauere Berechnung würde, unter anderem, eine Schätzung des Alters der betreffenden Bäume erfordern, was für diese Analyse zu komplex ist.
Wie viele Bäume passen wohl auf die deutschen Straßen? Nach Angaben des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr wird die Gesamtlänge der Straßen in Deutschland auf etwa 830 000 km geschätzt. Wenn wir diese Zahl mit 2 multiplizieren, um beide Seiten der Straße zu berücksichtigen, kommen wir auf 1 660 000 km, also 1 660 Millionen Meter.
Wir gehen einfachheitshalber davon aus, dass Bäume einen Abstand von 3 Meter zueinander für ihr Wachstum benötigen. Für viele Baumarten ist dies allerdings zu knapp. Dennoch wird bei der Pflanzung nur 70 Zentimeter Abstand zwischen den Sämlingen gelassen, da damit gerechnet wird, dass nicht alle zu Waldriesen heranwachsen sollen.
Daraus ergibt sich folgende Rechnung: 1 660 Millionen Meter geteilt durch 3 ergibt 533 333 333. Das sind über eine halbe Milliarde Bäume, die entlang deutscher Straßen gepflanzt werden könnten.
Bitte beachte, dass auch dies nur eine grobe und hohe Schätzung ist. Es gibt viele Stellen an deutschen Straßen, an denen keine Bäume stehen können. Dazu zählen Einfahrten, Kreuzungen und schmale Flächen, die vollständig mit Gehwegen gepflastert sind.

Selbst wenn wir diese halbe Milliarde Bäume entlang der Straßen aufstellen könnten, sind das nur etwa 9 % der Gesamtzahl der Bäume, die erforderlich wären, um die gesamten CO2-Emissionen des Verkehrs zu absorbieren, die wir oben berechnet haben.
Das Pflanzen von Bäumen ist dennoch eine wirksame Lösung
Die Frage, ob die vollständige Bepflanzung unserer Straßenränder mit Bäumen das Problem der Verkehrsemissionen lösen kann, ist nach wie vor eine gute Frage. Sie hilft, das Ausmaß unseres Emissionsproblems und die Fähigkeit von Bäumen, dieses Problem zu lösen, zu verstehen.
Sie hilft uns auch, die Macht kollektiven Handelns zu erkennen: Wenn alle Grundstückseigentümer:innen im Lande pro drei Meter ihres Straßengrundstücks einen Baum pflanzen würden, könnten diese zusammen 9 % der jährlichen CO2-Verkehrsemissionen in Deutschland absorbieren. Nicht unbedeutend! Denn im Durchschnitt verursacht jeder Mensch in Deutschland rund neun Tonnen CO2-Emissionen pro Jahr. Um unter 1,5 Grad Erderwärmung zu bleiben, müssen diese auf eine bis zwei Tonnen reduziert werden.
Aufforstung im großen Stil kann ein guter Weg sein, um das Gleichgewicht zwischen CO2-Emissionen und CO2-Bindung wieder herzustellen.
